PRESSESTIMMEN
Cherubim

Was geschieht, wenn man bei abnehmendem Mond seine Instrumente auf 415 statt auf 440 Hertz stimmt und dann ein Konzert spielt? So wie beim Mond, der sich langsam vom vollen Leuchten zurückzieht, entspannen sich bei den Instrumenten nicht nur die Saiten, die Wirkung ist vielschichtiger und intensiver. Ein Ton. Ich höre ihn. Ich merke, wie er sich einen Weg bahnen will, tiefer in mein Bewusstsein. Ich schließe meine Augen. Klang kann Blockaden lösen, er hilft, wieder in Balance zu kommen. Nein, ich berichte nicht aus der Praxis eines Klangtherapeuten. Ich lausche den Klängen von ALMA, die mit ihrem aktuellen Programm CHERUBIM ins Emailwerk Seekirchen einluden, eine Einladung in die Stille.

Sie spielen auf alten Instrumenten, in alter Stimmung, die Harmonika musste für diese Stimmung erst gebaut werden. Die Wirkung dieser Maßnahme entfaltet sich aber erst in Kombination mit den Kompositionen und Bearbeitungen der fünf jungen MusikerInnen. Noch einmal zurück zum Mond. Er wird seit Jahrtausenden besonders mit der femininen Kraft in Verbindung gesetzt. Das Feminine steht traditionell für alles Fühlende und Emotionale, aber auch für Intuition und Kreativität. All das wird beim Konzert von Alma spürbar. Nicht weil vier der fünf Talente Frauen sind, nein, diese Musik spricht unsere weibliche Seite an, egal welchem Geschlecht wir angehören. Es ist eine sensible und intuitionsgeprägte Reise in die Zwischenwelten der Musik. Nein, wir hören hier nicht Klassik oder Volksmusik, nicht Tradition oder Moderne, wir entdecken beim Hören die Klangwelten dazwischen. Darum ist es völlig nebensächlich, ob nun Walzer oder Polka, Bourrée und Musette der Träger der feingewobenen Arrangements ist, entscheidend ist die Emotion, von der alles getragen wird, dieses tiefe, alte Wissen um Musik, das man nicht aufschreiben oder halten kann, sondern nur im Moment musizieren.

In der Bibel sind Cherubim Engel von hohem Rang, die für besondere Aufgaben herangezogen werden. Zum ersten Mal tauchen sie in der Genesis auf, wo sie nach dem Sündenfall und der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Garten Eden von Gott als Wächter vor dessen Zugang aufgestellt werden. Übertragen auf das Konzert CHERUBIM und im Wissen, dass bei Martin Luther der abnehmende Mond altes Licht, der zunehmende junges Licht genannt wurde, zelebrieren diese musikalischen Geschöpfe etwas, das wir im Moment des Hörens noch gar nicht erfassen können. Dieses „alte“ musikalische Wissen in den gestaltgebenden Händen so junger Musikschaffenden, das ist etwas Besonderes. Diese Musik geht tiefer, hält sich länger in unseren Gehörgängen und Nervenbahnen und macht vieles andere vergessen.

Ja, das passt alles gut in die Adventszeit, aber nicht nur. Diese Musik ist zeitlos, sie pulsiert in sich und über Jahreszeiten und Mondphasen hinweg. Aber, wenn so wie am vierzehnten Dezember die Energie des Mondes abnimmt, ist es gut, sich zurückzuziehen und zu reflektieren, wo man steht. Diese musikalische Erfahrung hilft dabei sicher, besonders, wenn man sich auf entspannende vierhundertfünfzehn Hertz einlässt.

Schöne Weihnachten

www.kunstbox.at/nachlese

PRESSEBERICHTE

Die neue Innigkeit
Alma
Reise zur Seele einer weltoffenen alpinen Volksmusik
Sie ist ganz schön in Bewegung, die Volksmusik der Alpenländer. Wobei hier nicht die Rede ist von der Neuen Volksmusik, die seit den Neunzigern eher plakativ und oft auch mit großer Lautstärke in Erscheinung getreten ist. Seit einigen Jahren gibt es vielmehr eine Tendenz, die ins Introspektive zielt, sich gerne auch mal mit der Klassik verbrüdert, die Seele des Alpinen auf diese Weise neu herausarbeitet und sich bei alledem trotzdem für die weite Welt öffnet. In Österreich wirkt das Quintett Alma da ganz weit vorne mit und wird nach seiner Teilnahme am Hauptkonzert 2014 in diesem Jahr zum zweiten Mal beim Festival Folk Baltica auftreten.

 

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VIDEO: JASMIN AL-KATTIB – derstandard.at/

 

Auf seinem dritten Album „Oeo“ entführt das Quintett erneut den Jodler in die Großstadt. Julia und Marlene Lacherstorfer über Heimat, Kitsch und zeitgenössische Volksmusik – derstandard.at/2000070765850/Musikgruppe-Alma-Es-muss-nicht-immer-Dirndl-sein

Wien – Wie würde ein Jodler klingen, wenn er in den Alpen geboren, aber von Adoptiveltern in der Stadt aufgenommen wird? Was würde er statt eines Gamsbarts tragen? Vor allem aber, wie würde er sich anhören? Eine mögliche Antwort jenseits von Volks-Rock-’n’-Roll liefert die österreichische Gruppe Alma mit dem Titelstück ihres neuen Albums Oeo: Mit seinen eng geführten Stimmen und von Konsonanten befreiten Jodelsilben erinnert Oeo an Vocoder-Stimmeffekte, wie man sie in der Popmusik etwa von Imogen Heap und ihrem Hit Hide and Seek kennt. Erzeugt allerdings nur mit Stimmen, ohne Synthesizer. Musik, der man ihre Wurzeln anmerkt, die aber darüber hinausreicht und von ihren atmosphärischen Qualitäten das bietet, was die Gruppe selbst gern als „Kopfkino“ bezeichnet.

„Ich habe mir vorgestellt, dass so eine urbane Form des Jodelns klingen könnte. Natürlich handelt es sich dabei um etwas Erfundenes“, so Julia Lacherstorfer, Komponistin, Geigerin und Sängerin des 2011 von ihr ins Leben gerufenen Quintetts. Gleichzeitig offenbart sich in Oeo besonders deutlich das Spannungsfeld zwischen Tradition und Erneuerung, in dem sich die Band bei aller Reflexion erstaunlich unverkrampft und unaufgesetzt bewegt. „Es ist ein Riesenglück in der Band, dass wir über diese Volksmusiksprache eigentlich nicht reden müssen, weil sie für uns alle etwas sehr Natürliches ist, mit dem wir bald in Berührung gekommen sind“, so Lacherstorfer. „Das kann man fast nicht nachholen, finde ich.“ Innovation in musikalischen Ideen Eine Erfahrung, die Lacherstorfer mit ihrer Schwester Marlene teilt, ihres Zeichens Bassistin nicht nur bei Alma, sondern u. a. auch bei Ernst Molden, Clueso oder Velojet: „Es war etwas ganz Natürliches für uns, gemeinsam zu musizieren und mit unserem Großvater am Abend zu singen, das war schon Teil unserer Kindheit.“ Trotz der eigenen Entwicklung hin zur Popmusik habe sie mit Alma das Gefühl gehabt, „dass es für mich passt, weil es ein zeitgemäßer Ausdruck dieser Musik ist, der mich anspricht“. Ein zeitgemäßer Ausdruck, der von der Instrumentierung her weitgehend der Tradition treu bleibt, seine Innovation in musikalischen Ideen sucht. Eine ausgewiesene Volksmusikexpertin ist mit Akkordeonistin Marie-Theres Stickler an Bord. Ihr Stück Bruckner Rewind markiert mit einer musikalischen Reise durch die Biografie Anton Bruckners ein weiteres Spannungsfeld, das Alma für sich fruchtbar macht: der Gegensatz zwischen Musikantentum und Kammermusik, zwischen Wirtshaus und Konzertsaal. Ausgehend vom Kirchenmusiker Bruckner und seiner Motette Tota pulchra es Maria geht es nach Drücken der fiktiven Rewind-Taste über Sticklers musikalische Brücke zurück zum Wirtshausmusikanten und einem Traunviertler Landler.

Dass traditionelle Musik oft gar nichts mit Kitsch zu tun hat, weiß man nicht zuletzt von angelsächsischen Folksongs voll Mord, Totschlag und Rosen, die sich mitten durch Herzen ranken. Nicht anders verhält es sich mit einem Landler, wie ihn Julia Lacherstorfer bei der Albumpräsentation im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins ankündigte: „Ähndl, i dawirg di“. Seiner Angst vor Kitsch stellt sich Matteo Haitzmann, der einzige Mann im Ensemble, mit der Komposition Ruhe, in der sich kanonische Kammermusik mit Gameboy-Music verbrüdert. Contemporary folk music Welches Etikett darf man der Musik von Alma nun umhängen? Am ehesten sieht sich die Gruppe als Teil jener Strömung, die international gern als „contemporary folk music“ bezeichnet wird. Ein Begriff, der übersetzt als „zeitgenössische Volksmusik“ nicht frei von Missverständnissen ist und immer wieder zu Überraschungen seitens des Publikums führt, wenn ausgerechnet junge „Volksmusikerinnen“ auf der Bühne dem Dirndl-Boom trotzen. Distanz wahren Alma auch zu überkommener Heimatideologie. Zwar spielt der Begriff im Sinne einer Rückbindung zu den eigenen Wurzeln sehr wohl eine Rolle. Aber so wie Jodeln als eine Art „Welt-Esperanto“ verstanden wird, wird Heimat eben nicht in geografischem Sinn, nicht als Beharren auf das Eigene und als Ausschließen alles Fremden gedeutet. Musikalisch äußert sich dies u. a. darin, wenn die zur Hälfte aus Apulien stammende Sängerin und Geigerin Evelyn Mair das grimmige, traditionelle Liebeslied Questa Mattina durch Mark und Bein gehend interpretiert. Oder Julia Lacherstorfer ihre Liebe zu Dänemark in einem Danske Valse hochleben lässt und die Eindrücke vom Gastspiel in der peruanischen Hauptstadt Lima zum kaleidoskopischen Instrumentalstück Lima Lama destilliert. Nicht alle Musik, die Volksmusik im Namen trägt, schottet sich gegenüber dem vermeintlich Fremden ab. Marlene Lacherstorfer: „Für uns ist Heimat eher etwas Verbindendes, nicht unbedingt etwas Trennendes, kein Blick nach hinten, sondern eher nach vorn.“ (Karl Gedlicka, 30.12.2017)

Von Marokko über das Zillertal bis nach Estland: Das österreichische Quintett Alma lädt zum musikalischen Reiseabenteuer.

Das Foyer vor dem Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins ist bis ins letzte Eck gefüllt. Dicht aneinandergedrängt trinken die Menschen Bier und weißen Spritzer, viele kennen und grüßen einander, andere prosten sich quer über den Raum zu. Hochdeutsch wird hier kaum gesprochen, dafür hört man viel oberösterreichischen und niederösterreichischen Dialekt, gelegentlich auch Südtirolerisch. Auf der Bühne stehen ein Flügel, Boxen, Verstärker und fünf Mikrophone, am Boden liegt ein Kontrabass dazwischen wurden drei Geigen und eine Harmonika platziert. Nachdem das Publikum endlich Platz genommen hat, wird das Licht im Saal gedämpft. Julia, Matteo, Marlene, Evelyn und Marie-Theres kommen auf die Bühne, greifen sich die Instrumente und spielen eine Melodie, die an einen Ländler erinnert, dabei aber unerhört neu und frisch erklingt.

Wenige Tage zuvor war Transalpin, das zweite Album der Band Alma, erschienen. Die Nummern tragen Titel wie „Walpurgi“, „Bächlein helle“ oder „Tschum Tschum“. Mit drei Geigen, Bass, Akkordeon und (Jodel)-Gesang durchwandern die Fünf die alpenländische Volksmusik, wobei sich ihre Melodien nicht auf bestimmten Punkten der Landkarte verorten lassen. Zu eng gewordene Traditionen werden aufgeschnürt und neuartige Sounds geschaffen. Der traditionellen Volksmusik haben Alma ein modernes, lässiges Gewand übergeworfen, ohne sie dabei zu verkleiden. Almas Klänge berühren, weil alles, ob Freude, Glück oder Humor, echt ist. Weil hier jeder Ton mit großem Respekt gesetzt und der Inspiration immer genügend Raum gelassen wird.

Ihre musikalischen Wurzeln haben die fünf Musiker allesamt in der österreichischen Volksmusik. Da ist Matteo Haitzmann aus dem Pinzgau, der seinen ersten Musikunterricht auf einer blauen Plastikgeige absolvierte. Da sind Evelyn Mair aus Südtirol und Marie-Theres Stickler aus Puchberg am Schneeberg. In beiden Familien ist die Musik zu Hause. Evelyn hört von klein auf alte Schlager und Volkslieder, die sie bald nachsummt. Bei Alma spielt sie Geige, während Marie-Theres gleichzeitig jodelt und die Ziehharmonika spielt. Julia und Marlene Lacherstorfer kommen aus Bad Hall in Oberösterreich. Der Großvater spielt Akkordeon, die Mutter Kontrabass, der Vater Drehleier und Dudelsack. Julia greift irgendwann zur Geige, ihre ältere Schwester probiert sich erst am Klavier und landet schließlich beim Kontrabass. Sie hören Jodler, Wienerlieder, Gstanzln und estnische Dudelsackmusik. In der jungen Volksmusikszene Wiens finden Julia, Matteo, Marlene, Evelyn und Marie-Theres gleichgesinnte Musiker. Man trifft sich zum gemeinsamen Musizieren und veranstaltet mit Geigen, Quetschen, Pfeifen, Posaunen, Trompeten und Gesang alpenländische Jam-Sessions. Irgendwann verspürt Julia den Wunsch, die vielen Höreinflüsse in eine musikalische Tat umzusetzen. 2011 gründet sie Alma. Der Name sorgt zunächst für Verwirrung. Alma, wie die berühmte Künstlerin? Wie die Alm oder die Seele? Vielleicht von beidem ein bisschen, die Musik jedenfalls immer „con alma y vida“, mit Leib und Seele.

Vor zwei Jahren, im Frühsommer 2013, erschien Almas Debütalbum Nativa, das Release-Konzert spielte das ungewöhnliche Quintett damals im kleinen Theater am Spittelberg. Das Publikum war begeistert und belohnte die Musiker mit minutenlangen stehenden Ovationen und „Zugabe“-Rufen. Danach wurde es eine Zeit lang still um Alma. Zeit, in der sie sich, neben dem eigenen Musikstudium, vor allem dem Reisen und konzertieren gewidmet haben. Sie waren in Peru und in Bulgarien, in Schweden und in Deutschland. Das hat den eigenen musikalischen Horizont erweitert und zu Transalpin inspiriert. Im Musikverein wird rasch klar: die Fangemeinde ist gewachsen, das Parterre und die Balkone platzen aus allen Nähten. Mit großer Lust und Leidenschaft spielen sich Julia, Evelyn, Matteo, Marie-Theres und Marlene in eigens arrangierten und selbst komponierten Stücken durch das Pustertal und das Zillertal, reisen musikalisch bis nach Marokko und finden sich im hohen Norden wieder, mit Klängen aus Dänemark, Finnland und Estland. 15 Stationen, wild und archaisch, verträumt und melancholisch. Mal klingt es nach Kamel, Sand und Wüste, wenn Alma in Matteos Stück „Bazzarah“ durch die Hitze eines fremden Landes marschieren, mal fühlt man sich wie aus der Zeit gefallen, wenn zur archaischen Polka „Tschum Tschum“ gezupft, gegeigt und gegrooved wird.

Die Band ist für ihr Grenzgängertum bekannt, da hat reine Brauchtumspflege keinen Platz. Ihre Musik bezeichnen Alma als zeitgenössische oder experimentelle Volksmusik. Mal greifen sie auf traditionelles Material zurück, mal verfremden sie es, mal lassen sie es so, wie es ist. Sie erzeugen neue Klänge, ohne mit den musikalischen Traditionen zu brechen. Und so erklingen ganz selbstverständlich Klassik und Volksmusik, Ländler und Polka, Jodler und Walzer, Bourrée und Musette Seite an Seite.

Transalpin ist ein Album über Sehnsüchte und Träume, über Seelenwanderungen und längst vergessene Kindheitserinnerungen. Mit Hörnern und Trompeten jagen Alma in „Tam Tam“ durch die geheimnisvolle Welt der Elfen, Geister und Gnome und besingen gemeinsam mit der „Wolfsfrau“ den ewigen Kreislauf zwischen Leben und Tod. Mit ihrer Musik führen sie ihre Zuhörer an Orte, die die Fantasie beflügeln und erreichen sie dort, wo die eigenen Wurzeln schlummern. Spätestens, wenn Evelyn das Tiroler Schlaflied „Mai Maadele, mai Tschurale“ singt, ist er wieder da, dieser kleine Ruck, irgendwo in der Seelengegend.

Dafür, dass die Liebste und ich grad hackeln wie die Blöden, hatten wir vergangene Woche verschwenderisch viel Glück. Erst waren wir, eh erst drei Monate nach dem Filmstart, zusammen mit meinem Herzi von einem Bruder in „Das Ewige Leben“ und haben’s geliebt. Im Abspann haben die begabten Sofa Surfers Nick Caves „Red Right Hand“ (hoffentlich) zitiert, und ich habe mir das gedacht, was sich, wie ich glaube, alle Musiker immer wieder denken, nämlich: Alle Musik ist schon geschrieben. Ein paar Tage später waren mein Baby und ich auch noch im Musikverein, und da habe ich diese These noch einmal überdacht. Im Gläsernen Saal nämlich hat die österreichische Band Alma ihre neue Platte „Transalpin“ vorgestellt, und das war ungeheuerlich gut. Alma sind ein bissl Volksmusik, ein bissl neue E-Musik, ein bissl Filmmusik. Jedenfalls ist das Quintett mit der zweiten Platte auf einem Niveau angekommen, wo mir eigentlich nur das Kronos Quartett als Referenz einfallen will – bloß dass die Kronosse nicht so originell waren. Julia und Marlene Lacherstorfer, Zentrum dieser Band, kenne ich eh schon länger, Frau Marlene – yes: Freunderlwirtschaft! – spielt Bass mit mir, und so weiß ich, dass diese Damen aus einer gesegneten Ecke des österreichischen Lebens in Bad Hall, OÖ, kommen. Töchter total leiwander Eltern, die auch Volksmusik machen, der Vater ist übrigens auch Sammler schmiedeeiserner Grabkreuze und Imker des besten Honigs, den ich kenne. Ich stelle mir immer vor, wie diese coolen voralpinen Eltern ihren glücklichen kleinen Mäderln Honig ums Maul geschmiert und damit die Saat für diese wunderbare Alma-Musik gelegt haben, die uns jetzt alle erfreut. Aber es ist eh eine Band ohne zweite Reihe. Alle sind Stars: Matteo Haitzmann macht mit seiner Geige den Londoner Regent-Park lebendig, Marie-Theres Stickler, die vom Schneeberg kommt, jodelt mit der Kraft der Ersten Wiener Hochquellwasserleitung. Und Evelyn Mair sang im Musikverein ein Lied der Tiroler Jenischen so traurig und schön, dass ich auf der Galerie droben ein Tränderl zerdrückte. Am Heimweg sagte ich der Liebsten, dass alle Musik vielleicht schon geschrieben, aber noch nicht oft so schön gespielt wurde wie halt gerade jetzt.

Fünf Freunde und die Alpenseele Zum ersten Mal gehört habe ich Alma im Theater am Spittelberg. Das war im Frühsommer 2013, es hat in Strömen geregnet und der Raum ist aus allen Nähten geplatzt. Wenige Tage zuvor war Nativa, das Debütalbum der Band erschienen. Kein Gesichter auf dem Cover, nur die Andeutung von nackten Rücken und turbanartig gewickelten Kopfbedeckungen. Die Nummern trugen Titel wie „Ummtschaga“, „Almschroa“, „Apfelmusette“ oder „Lahnjodler & Schwommatanz“ und waren eine bunte Reise durch die Welt der österreichischen Volksmusik mit Arrangements traditioneller Stücke, Tänzen, Jodlern und eigenen Kompositionen.

Wer beim Begriff Volksmusik jetzt an bierlastige und testosteronschwangere Stammtischrunden denkt, hat die Rechnung ohne Alma gemacht. Julia, Matteo, Marlene, Evelyn und Marie-Theres haben der traditionellen Volksmusik ein modernes, lässiges Gewand übergeworfen, ohne sie dabei zu verkleiden. Sie spielen Geige, Bass und Akkordeon, sie singen und jodeln, beschwingt und humorvoll, gefühlvoll und melancholisch. Mit der Schunkelbranche des massentauglichen Musikantenstadl hat das nichts zu tun. Was für ein Glück.

Ihre musikalischen Wurzeln haben die fünf Musiker allesamt in der alpenländischen Musiktradition. Da sind Julia und Marlene Lacherstorfer aus Bad Hall in Oberösterreich. Der Großvater spielt Akkordeon, die Mutter Kontrabass, der Vater Drehleier und Dudelsack. Julia greift irgendwann zur Geige, ihre ältere Schwester probiert sich erst am Klavier und landet schließlich beim Kontrabass. Sie hören Jodler, Wienerlieder, Gstanzln und estnische Dudelsackmusik. Julia spielt, ebenso wie ihre Schwester Marlene, in verschiedenen Formationen und findet in der jungen Volksmusikszene Wiens gleichgesinnte Musiker. Man trifft sich zum gemeinsamen Musizieren und veranstaltet mit Geigen, Quetschen, Pfeifen, Posaunen, Trompeten und Gesang alpenländische Jam-Sessions. Irgendwann verspürt Julia den Wunsch, die vielen Höreinflüsse in eine musikalische Tat umzusetzen. 2011 gründet sie Alma. Der Name sorgt zunächst für Verwirrung. Alma, wie die berühmte Künstlerin? Wie die Alm oder die Seele? Vielleicht von beidem ein bisschen, die Musik jedenfalls immer con alma y vida, mit Leib und Seele.

Das Konzert am Spittelberg ist bis auf den letzten Platz ausverkauft, das Publikum begeistert. Verzerrte Gesichtsausdrücke und geschlossene Augen verraten, dass die Band in die Stimmung der Musik versunken ist. Da ist Matteo Haitzmann aus dem Pinzgau, der seinen ersten Musikunterricht auf einer blauen Plastikgeige absolvierte. Da sind Evelyn Maier aus Südtirol und Marie-Theres Stickler aus Puchberg am Schneeberg. In beiden Familien ist die Musik zu Hause. Evelyn hört von klein auf alte Schlager und Volkslieder, die sie bald nachsummt. Bei Alma spielt sie Geige, während Marie-Theres gleichzeitig virtuos jodelt und die Ziehharmonika spielt. Auf der Bühne steht Alma-Gründerin Julia Lacherstorfer zugleich als Geigerin und als Moderatorin. Mit viel Witz und Charme kommentiert sie die dargebotenen Lieder. Dabei lachen ihre Augen und unter dem kunstvoll gebundenen Turban blitzen ein paar hellblonde Haare durch. Almas Musik löst Emotionen aus. Weil sie Grenzen sprengt ohne mit den musikalischen Traditionen zu brechen. Weil ganz selbstverständlich Klassik und Volksmusik, Ländler und Polka, Jodler und Walzer, Bourrée und Musette Seite an Seite erklingen. Weil alles, ob Freude, Glück oder Melancholie, echt ist. Weil hier jeder Ton mit großem Respekt gesetzt und der Inspiration immer genügend Raum gelassen wird. Seit der ersten Begegnung mit Alma am Spittelberg sind zwei Jahre vergangen. Die CD weist mittlerweile deutliche Gebrauchsspuren auf. Sie war mit im Sommerurlaub und hat mir so manche Autofahrt versüßt. Auch Alma sind weit gereist. Sie waren in Peru und in Bulgarien, in Schweden und in Deutschland. Das hat den eigenen musikalischen Horizont erweitert und die fünf Musiker zu ihrem zweiten Album Transalpin inspiriert. Mit großer Lust und Leidenschaft durchwandern Julia, Evelyn, Matteo, Marie-Theres und Marlene hier das Pustertal und das Zillertal, reisen musikalisch bis nach Marokko und finden sich im hohen Norden wieder, mit Klängen aus Dänemark, Finnland und Estland. Mal klingt es nach Kamel, Sand und Wüste, wenn Alma gemeinsam mit dem Ensemble Federspiel in Matteos Stück „Bazzarah“ durch die Hitze eines fremden Landes marschieren, mal fühlt man sich wie aus der Zeit gefallen, wenn zur archaischen Polka „Tschum Tschum“ gezupft, gegeigt und gegrooved wird. Alma sehen sich nicht als Hüter der traditionellen alpenländischen Volksmusik. Sie sind für ihr Grenzgängertum bekannt, da hat reine Brauchtumspflege keinen Platz. Ihre Melodien lassen sich nicht auf bestimmten Punkten der Landkarte verorten. Zu eng gewordene Traditionen werden aufgeschnürt und neuartige Sounds geschaffen. Ein Stück heißt „Finska“ und entstand, nachdem Julia Lacherstorfer viele Stunden lang einem Album des finnischen Geigers Esko Järvelä, und viele weitere Stunden der Musik des estnischen Komponisten Arvo Pärt gelauscht hatte. Transalpin ist ein Album über Sehnsüchte und Träume, über Seelenwanderungen und längst vergessene Kindheitserinnerungen. Mit Hörnern und Trompeten jagen Alma in „Tam Tam“ durch die geheimnisvolle Welt der Elfen, Geister und Gnome und besingen gemeinsam mit der „Wolfsfrau“ den ewigen Kreislauf zwischen Leben und Tod. Mit ihrer Musik führen sie uns an Orte, die unsere Fantasie beflügeln und erreichen uns dort, wo unsere eigenen Wurzeln schlummern. Spätestens, wenn Marie-Theres das Tiroler Schlaflied „Mai Maadele, mai Tschurale“ singt, ist er wieder da, dieser kleine Ruck, irgendwo in der Seelengegend.

KASTEN:

Am 12. Mai stellt die junge österreichische Gruppe Alma ihr neues Album Transalpin im Musikverein vor (20 Uhr, Metallener Saal). Wenige Tage später sind die fünf Musiker im Rahmen des Festivals „Gemischter Satz“ im Konzerthaus zu erleben (15. & 16. Mai). Hier kann das Publikum nach Lust und Laune gustieren und bei einem Glas Wein von Saal zu Saal spazieren, wo Künstler aus den unterschiedlichsten Sparten zusammenkommen, um gemeinsam die Vielfalt der Klänge zu zelebrieren. Ein feines Fest mit Musik, Literatur, Schauspiel, Bildender Kunst und Wein, jenseits der üblichen Genregrenzen und Rituale.

 

„Es ist Musik aus dem alpinen Land Österreich und weit darüber hinaus“, sagt Geigerin Julia Lacherstorfer, die in der erfolgreichen Formation zusammen mit ihrer Schwester Marlene und drei weiteren Mitstreitern zu Werke geht. Man habe beim Komponieren und der Auswahl der Stücke auch auf die musikalischen Erfahrungen bei den Konzertreisen ins (ferne) Ausland zurückgegriffen. Österreichisch, weltoffen, gut.

Die Gruppe Alma wurde 2011 gegründet. Die Musik, die sie macht, ist mit einem Begriff wie multinationale Volksklassik nicht ganz zutreffend beschrieben. „Unsere Wurzeln sind in der österreichischen Volksmusik“, erklärt Lacherstorfer, „wir versuchen, mit diesen Quellen zu arbeiten.“ Dabei würden die fünf klassisch ausgebildeten Musiker immer wieder auch gewohnte Formen aufbrechen und etwa mit Mitteln wie jenem der Improvisation zu Werke gehen.

Mit ihrer betont zeitgemäßen Herangehensweise an die Volksmusik sind Lacherstorfer, Lacherstorfer & Co. auch auf Bühnen erfolgreich, die man der Volksmusik üblicherweise nicht zuordnet. Dass die CD-Präsentation im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins stattfindet, ist der beste Beweis dafür. Bei einem Festival in Peru, bei dem Alma erst kürzlich zu Gast war, wurde in einem großen Stadion konzertiert. Lacherstorfer: „Aber wir spielen immer wieder gern auch im Wirtshaus.“

Auf „Transalpin“ finden sich überwiegend Eigenkompositionen, darunter nicht wenige aus der Feder der Bad Haller Schwestern. Und wie gesagt: Musikalisch wurden dabei zahlreiche außerösterreichische Einflüsse verarbeitet.

Dass das Projekt „Alma“ derart gut läuft, verleiht den fünf Musikern die sprichwörtlichen Flügel. „Wir sind total glücklich. Es ist schön, dass wir uns so verwirklichen können.“ Weil sie ähnlich wie ihre Schwester auch in anderen musikalischen Projekten und Bands engagiert ist, trifft man Julia Lacherstorfer nur noch selten in ihrer Heimatstadt Bad Hall an. „Jetzt zum Muttertag bin ich aber wieder einmal zu Hause gewesen. Wir haben dafür sogar extra eine Probe verschoben.“

Offiziell erscheint die CD „Transalpin“ am Freitag, 15. Mai. Das Release-Konzert im Wiener Musikverein steht bereits morgen, Dienstag, 12. Mai, auf dem Programm.

„Alma“, das sind: Julia Lacherstorfer, Evelyn Mair, Matteo Haitzmann (allesamt Geige), Marie-Theres Stickler (diatonische Harmonika), Marlene Lacherstorfer (Kontrabass).

Folk. Wenn das Rückgrat der Tradition freigelegt ist, beginnt Julia Lacherstorfer, eine neue Volksmusikwelt zu schaffen.BERNHARD FLIEHER SALZBURG (SN). Gekratzt muss vorher werdenund geschürft. Dafür hat Julia Lacherstorfer etwa die Band Alma. Mitder sucht sie nach den Wurzeln alpenländischer Tradition, um aus deren Basis neue Strukturen wachsen zu lassen. Flächen werden aufgerissen, Sounds geschaffen, die elegant fliegen wie Adler in einem Naturfilm.

Immer geht es um Raum, jenen Raum, den eine alte, zigfach gehörte Musik braucht, um frische Luft zu bekommen. Und es ist auch der Raum, in dem Musiker sich intensiv auf die Suche machen können nach neuer Sprache, neuer Form, die zwar auf dem starken Rücken der Tradition ruht, aber eben doch in der Gegenwart lebt und in die Zukunft weist. Alma beherrschen das.Nun liegt auch „Bellver“ vor, das erste Album von Lacherstorfers Projekt Ramsch & Rosen. Es wurde am Mittwoch in Seekirchen beim Festival „Echt“ präsentiert.

Ramsch & Rosen konzentrieren sich auf Lieder. Die kommen meistens aus dem Schatz an Erinnerungen, die das Elternhaus gespeist hat. „Ober uns wohnte der Opa, der jeden Abend mit seinem Akkordeon spielte“, sagt die Geigerin. Mit ihrer Schwester Marlene, auch bei Alma dabei und unter anderem auch Bassistin der Popband Velojet, spielte sie bald mit dem Opa. Dünkel gegenüber der Volksmusik kamen nicht auf. „Für uns war es einfach Musik.“Dass es eine Musik ist, über die viele im jugendlichen Alter immer noch die Nase rümpfen, stellte sie später fest, und es schert sie nicht.Mit jenen Ecken, in denen Volksmusik immer noch als musikalischer Ausdruck einer problematischen, unkritisch heimattümelnden Ideologie eingesetzt werde, müsse sie „ja nichts zu tun haben“.

Viele haben die Fensterläden des Stumpfsinns auffliegen lassen: Attwenger und Hubert von Goisern erledigten es für die Popmusik, Aniada A Noa oder Wolfgang Puschnig im Jazz, Franui für Blasmusik und Klassik. Mit der 28-jährigen Julia Lacherstorfer als einer derzeit zentralen Figur tritt eine rund zwanzig Jahre jüngere Generation an. Sie trifft auf eine Offenheit im künstlerischen Umgang mit alpenländischer Musiktradition, die in den 1980er-Jahren noch nicht existiert hat. Diese Generation muss weniger Kämpfe ausfechten, kann sich stattdessen eines so intellektuellen wie gefühlvollen Umgangs mit der Musik annehmen, um diese Kultur in neue ästhetische Freiräume zu führen.Zu Hause bei Lacherstorfer spielte die Frage nach einer „Befreiung“ der Volksmusik ohnehin keine Rolle. Sie wurde gelebt. „Bei uns waren etwa immer wieder ausländische Volksmusiker zu Gast – da war klar, dass es einen weiten Blick gibt. Mein Umgang mit jeder Musik ist immer von Offenheit geprägt“, sagt sie.

Diese Offenheit atmen alle ihre Projekte. Es geht aber nicht um die Zusammenführung verschiedener Stile. „Ich habe nicht das Bedürfnis, etwas zu vermischen“, sagt die gebürtige Oberösterreicherin, die in Linz Musik studiert hat und nun in Wien lebt.Sie geht der Musik auf den Grund, zerlegt sie gewissermaßen, um sie so zusammenzubauen, „wie uns das taugt, wie wir das gern hören wollen“. Behutsam und mit Respekt passiert das. Dabei entsteht eine Übersetzung, oft auch eine neue Sprache, deren Wurzeln aber immer hörbar bleiben. Lieder, die im Kontext mit klassischem Volksmusikvortrag oft ins Rührselige, bisweilen auch ins sehnsüchtig Schwere rutschen, beginnen bei Ramsch & Rosen zu schweben.

Dafür wählt Ramsch & Rosen keine leichte Form. Lacherstorfer spielt nur mit Simon Zöchbauer, der auch im erfrischenden Bläserseptett Feder-Spiel dabei ist. So ergibt sich ein „sehr reduziertes Instrumentarium, eine eigenartige Besetzung eigentlich“, sagt Lacherstorfer Sie an Geige und Bratsche, er mit Zither und Trompete. Beide singen und bearbeiten diverses Schlagwerk. Die Sparsamkeit zwingt zur Präzision. „Wir müssen recht genau überlegen, was wir umsetzen können, was Sinn ergibt.“ Einen Aspekt bei dieser Umsetzung nimmt freie Improvisation ein.Die Intensität des Hörerlebnisses wächst dabei aus dem Können der beiden. Und sie sind ein Paar – in der Musik und im Leben, wobei sich die Welten nicht trennen lassen. „Bei uns verschwimmt immer alles“, sagt sie. Diese Paarsituation sei „Besonderheit und auch Herausforderung“.

Und das mit dem Verschwimmen gilt nur, bis sie zu spielen beginnen. Dann gelingt es ihnen mühelos, eine Klarheit zu erzeugen, die jedoch nie technisch und akademisch daherkommt, sondern stets g’scheit tiefer Emotion folgt.CD: Ramsch & Rosen, Bellver (erschienen bei Lotus Records). Alma, Nativa (Col Legno).

LIVE REVIEWS / INTERVIEWS

Seit Herbst 2011 besteht die Gruppe ALMA, die mittlerweile zu einer der erfolgreichsten Weltmusik-Bands in Österreich geworden ist. Im Sommer veröffentlichte der Fünfer sein neues Album „Oeo“ (col legno). Im Interview mit Jürgen Plank erzählten JULIA LACHERSTORFER und MATTEO HAITZMANN über traditionelle Volksmusik und eigene Kompositionen und davon, wie Jodeln weltweit die Herzen öffnet.

Sie sind von Anfang an bei Alma dabei: Wie kam es zur Gründung der Band?
Matteo Haitzmann: Damals war ich sehr jung, ich war 21 Jahre alt. Davor war ich viel am Reisen. Nachdem ich nach Wien zurückgekommen war, hat mich Julia gefragt, ob ich Lust hätte, mitzuspielen. Da wir uns schon länger kannten und ich schon damals gewusst habe – oder wahrscheinlich habe ich es gespürt –, dass wir einen ähnlichen Zugang haben, war es für mich sehr schnell klar, dass ich dabei sein möchte.

Eine Band zu starten, ist ein besonderer Moment, wie haben Sie diesen Moment erlebt?
Matteo Haitzmann: Ja, das war interessant, weil die anderen schon viel mehr Banderfahrung hatten und schon viel mehr miteinander gespielt haben. Ich und wir alle sind eigentlich in diese Formation hineingeschlittert. Wir haben einander zwar schon gekannt, aber der Kontakt war zuvor nicht so intensiv. Ich weiß noch: Ich war aufgeregt, ich war sehr nervös.

Sind Sie jetzt noch immer aufgeregt?
Matteo Haitzmann : Nein, jetzt nicht mehr. Ich glaube, dass ist das Erste, das wir einander gelehrt haben, und das ist auch das Wichtigste in einem Ensemble: dass man einander künstlerisch und persönlich vertraut.
„DER EINDRUCK, DEN ICH VOM AKTUELLEN ALBUM HABE, HAT SICH SEIT DEM ERSCHEINEN SICHER SCHON FÜNFMAL VERÄNDERT.“

Die meisten Bands sagen, dass ihre aktuelle CD die beste ist. Wie sehen Sie Ihre neue CD „Oeo“?
Julia Lacherstorfer: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich glaube, es geht auch vielen Künstlerinnen und Künstlern so, dass sie die eigene Platte ab dem Zeitpunkt des Erscheinens, nie wieder anhören. Bei uns ist es so, dass sich die Stücke sehr rasch weiterentwickeln. Man nimmt sie schon ein halbes oder ein ganzes Jahr vor dem Erscheinen auf. Da sind die Stücke recht neu und dann spielt man sie regelmäßig bei Konzerten und dadurch werden sie viel besser. Der Eindruck, den ich vom aktuellen Album habe, hat sich seit dem Erscheinen sicher schon fünfmal verändert.

Können Sie bitte trotzdem eine Einschätzung versuchen?
Julia Lacherstorfer: Was die Musikauswahl und unsere Kompositionen betrifft, denke ich auf jeden Fall, dass das Album eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist. Also ist vielleicht das dritte das beste Album. Wobei ich sagen muss, dass alle Alben ihre Qualitäten haben. Das erste war weniger auf Präzision ausgerichtet, dafür haben wir nach wie vor das Gefühl, dass es frisch ist, Energie hat und experimentell ist.

In den Liner Notes schreibt die Autorin Valerie Fritsch in Bezug auf Ihre Musik von einem „Ohrenkino“. Wie gut hat sie das getroffen?
Matteo Haitzmann: Das hat sie wirklich sehr gut getroffen. Es ist wirklich verwunderlich. Wir haben sie bei einer Ö1-Veranstaltung, bei einer Literaturveranstaltung, kennengelernt. Da hat sie uns schon spielen gehört, aber bei einem regulären Konzert geben wir immer ein Ohrenkino oder Kopfkino. Wir versuchen, Anweisungen zu geben, wie die Musik zu hören ist, und bitten das Publikum, sich etwas dazu vorzustellen.

Warum machen Sie das bei Konzerten?
Matteo Haitzmann: Erstens ist die Musik bei schwierigeren Passagen leichter aufzufassen. Zweitens geht es mir oftmals bei Konzerten ab, auch bei klassischen Konzerten: Ich wünsche mir, dass ich mehr Informationen zu den Stücken bekomme, etwa bei bereits verstorbenen Komponistinnen und Komponisten, in welcher Periode ihres Lebens sie ein Stück geschrieben haben. So machen wir das eigentlich immer. Wir geben Bilder und erzählen, was wir uns bei den Stücken gedacht haben. Valerie Fritsch hat das, ohne es jemals so erlebt zu haben, in ihrem Text über uns geschrieben, und das ist echt super.

Außerdem steht im Booklet auf Seite 1: „[…] irgendwo zwischen Heimaterde und einem dunklen All.“ Wie finden Sie das?
Julia Lacherstorfer: Ich finde es bezeichnend und es ist ein Zufall, dass sie diese schöne, poetische Zeile geschrieben hat, weil ich finde, dass unser Album von Sehnsuchtsorten handelt. Es gibt am Ende ein schönes Stück von Matteo, in dem es um einen fiktiven Erholungsort und ein bisschen um das Weltall geht. Das wusste Valerie Fritsch aber nicht, sie hat das offenbar herausgespürt.

Sie haben das angesprochene Stück „Unknown Peace“ komponiert: Wie ist Ihnen diese Szenerie einer Frau eingefallen, die zu den Sternen hochschaut?
Matteo Haitzmann: Ich hatte das Bedürfnis, etwas „Selbstheilendes“ zu schreiben, das mir hilft. Um Momente, in denen Verzweiflung aufkommt, zu verarbeiten. Die Frau mit dem Weinglas, das ist ein Heimatbild für mich. Ich kenne das gut aus meiner Familie, wir sitzen am Balkon oder im Garten, trinken am Abend Wein und schauen in den Himmel. Diese Frau mit dem Weinglas am Balkon, das ist sehr viel Heimatgefühl für mich.

Auf „Oeo“ sind eigene Stücke und Traditionals, die Sie neu arrangiert haben, enthalten. Wie sind Sie bei der Auswahl der Stücke vorgegangen?
Julia Lacherstorfer: Wir haben letztes Jahr im Sommer zehn Tage beim DAVOS FESTIVAL in der Schweiz verbracht und haben an diesen Tagen unser Material gesichtet. Jeder hat Stücke mitgebracht, eigene Kompositionen und Traditionals. Diese Kombination ist uns immer wichtig, um den Anschluss an die Wurzeln nicht zu verlieren. Bei den traditionellen Stücken hat sich ein Landler-Schwerpunkt herauskristallisiert.

Sie haben bereits in Skandinavien gespielt, wie sind denn dort die Reaktionen auf eine österreichische alpinverwurzelte Band?
Julia Lacherstorfer: Das funktioniert immer herrlich, gerade in anderen Ländern könnten wir einen ganzen Abend lang nur Traditionals spielen und die Leute wären komplett happy. Die Begeisterung ist immer riesig, weil unsere Volksmusik sehr gut die Stimmung aufheizen kann. Und Jodeln ist eine Sprache, die ohne jegliche Barrieren funktioniert.

Auch in Südamerika?
Julia Lacherstorfer: Ja, auch in Südamerika, klar. Ich habe wirklich das Gefühl, dass uns unsere Jodeltradition einen direkten Zugang in die Herzen alle Bevölkerungsschichten ermöglicht. Und im Ausland noch mehr als in Österreich selbst, weil bei uns auch viel Ablehnung vorzufinden ist.
„FÜR MICH IST ES VOLLKOMMEN LOGISCH, MICH KÜNSTLERISCH DAMIT AUSEINANDERZUSETZEN, WO MAN HERKOMMT.“

Worin besteht für Sie der Reiz, ein traditionelles Volksmusikstück neu zu arrangieren und zu interpretieren?
Matteo Haitzmann: Egal womit man arbeitet, je tiefer etwas verwurzelt ist und je länger etwas schon besteht: Es ergibt sich eine eigene Intensität, wenn man mit alten Stücken arbeitet. Ein altes Stück gibt sehr viel vor und man ist damit aufgewachsen, nicht nur mit der Melodie, sondern auch mit dem Feeling, mit dem Land. Das alles spielt mit hinein. Somit hat man eine relativ klare Idee, was man machen könnte. Man muss nicht so lange suchen wie bei einem Jazz-Standard. Für mich ist es vollkommen logisch, mich künstlerisch damit auseinanderzusetzen, wo man herkommt. Auch wenn ich darüber nachdenke, woanders hinzuziehen, denke ich mir gleichzeitig: „Dort sind wahrscheinlich keine Leute, mit denen ich spielen kann.“ So wie Menschen sich vielleicht über eine Barriere wie Sprache Gedanken machen, denke ich ganz oft: „Da spielt mit mir niemand einen Walzer, wie ich das gewohnt bin.“

Könnten Sie nicht die Musik mitnehmen und anderswo etablieren?
Matteo Haitzmann: Das schon, aber es geht um das Zusammensitzen und die Erinnerungen und die Gefühle, die man mit der Musik verbindet. Das ist so eine aufrichtige Freude. Jeder freut sich und will spielen. Das geht anderswo natürlich auch und ich glaube, dass jeder das Timing lernen kann, nur müsste man zuerst mal eine Geige und einen Kontrabass finden und ich glaube, das ist nicht so einfach.
Julia Lacherstorfer: Es geht auch um das Spüren der eigenen traditionellen Musik, über das man nicht reden muss, wenn man mit Leuten zusammensitzt, die den gleichen Hintergrund haben. Das ist ein nonverbales Einverständnis, wie man etwas spielt.

Sie sind sehr erfolgreich unterwegs, es gab internationale Tourneen und Auszeichnungen. Wie gehen Sie mit dem Erfolg um? Erzeugt der Erfolg auch Druck?
Matteo Haitzmann: Ich spüre gar keinen Druck. Jegliches künstlerisches Erschaffen ist bisher in einem natürlichen Prozess entstanden. Wir mussten nicht über künstlerische Ideen und Kompositionen streiten. Es ist alles so nonverbal passiert, dass es mir so viel Vertrauen gibt und ich nicht nach außen denke. Innerhalb der Band ist es künstlerisch sehr stimmig und das gibt mir für die Öffentlichkeit draußen so viel Halt, dass ich noch nie darüber nachgedacht habe, ob unser nächstes Programm gut wird. Oder in welche Richtung wir uns entwickeln. Es gibt einen Weg, den wir gehen. Und da der Weg so klar ist, kann man sich nicht in Abzweigungen verirren.
„WIR KÖNNEN ES UNS NICHT ERLAUBEN, EIN KONZERT ZU SPIELEN, ÜBER DAS WIR UNS NICHT VIELE GEDANKEN GEMACHT HABEN.“

Wie geht es Ihnen in Bezug auf den Erfolg der Band?
Julia Lacherstorfer: Beim Komponieren, beim Arrangieren und beim Proben geht es mir so wie Matteo. Das ist einfach so, wie es ist. Ich stelle nicht meine eigene Kreativität infrage, sondern ich weiß einfach: Ich will, dass es so klingt, und weiß auch, warum. Wenn die Musik aufgenommen, gemastert und veröffentlicht wurde und etwas Intimes der Öffentlichkeit auch zur Bewertung freigegeben wurde, dann ist das ein verletzlicher Moment, weil es mich einfach trifft, wenn Leute etwas Negatives sagen. Das steht natürlich jedem total frei und ich kann auch aus jeder schlechten Kritik etwas mitnehmen und hinterfragen, ob das stimmt. Da spüre ich schon einen gewissen Druck und auch die Erwartungen des Publikums steigen einfach, kommt mir vor. Das ist vielleicht nur meine Empfindung: Wir können es uns nicht erlauben, ein Konzert zu spielen, über das wir uns nicht viele Gedanken gemacht haben.
Matteo Haitzmann: Die Erwartungen steigen, aber ein gewisser Teil unseres Publikums wünscht sich, dass wir stillstehen.

Inwiefern? Weil man am liebsten das hört, was man bereits kennt?
Matteo Haitzmann: Ja, oder manche sagen: „Es wird immer anspruchsvoller.“ Oder: „Das war jetzt beim Zuhören schon ziemlich herausfordernd.“ Manche wünschen sich eine Volksmusik-Unterhaltungsband, die einen Twist hat. Das ist auch vollkommen okay, das ist aber nicht unsere aktuelle künstlerische Position.
Julia Lacherstorfer : Und war es auch nie.

Matteo Haitzmann: Eigentlich ist das verrückt, aber da geht es um Stillstand.

Herzlichen Dank für das Gespräch.
Jürgen Plank

httpss://www.musicaustria.at/alma-im-mica-interview/

So romantisch, so bezaubernd kann österreichische Volksmusik sein, wenn sie in die richtigen Hände gerät. Was das österreichisch-südtirolerische Quintett Alma auf die Bühne des bedauerlicherweise nicht gut besuchten Parktheaters brachte, war ergreifend. Was für eine großartige Musik sie hören ließen, welch zauberhafte Bilder sie entfalteten. Da war ein verhaltener Jodler, der vom Wind nach Wien getragen wurde, wo er zum Walzer erblühte. Oder das alte Lied aus dem Vinschgau, das Lebensweisheiten einer alten Frau transportierte. Ein Tanzstück galt den Elfen und Trollen, ein dänischer Walzer schönen Erinnerungen. Das selbst aus einer Lebensmittelvergiftung in Marokko ein wundervolles Stück werden kann, ließ einen staunen.

Mit den Wurzeln in der österreichischen Volksmusik, die mehrfach in Jodlern aufblitzten, rissen Julia Lacherstorfer, Evelyn Mair und Matteo Haitzmann (Geige, Gesang), Marie-Theres Stickler (Steirische Harmonika, Gesang) und Marlene Lacherstorfer (Kontrabass, Gesang) Grenzen nieder. Wenn finnische Musiken und britische Gepflogenheiten Einzug hielten in den volksmusikalischen Kosmos von Alma, zeigte sich die Globalisierung von ihrer schönsten Seite: kreativ und spannend.

Doch gefielen nicht nur die komplex arrangierten Stücke allein, sondern auch die Leichtigkeit und Virtuosität des Quintetts. Ein wahrer Genuss, dem Spiel zu lauschen, dessen Ausdruckskraft grenzenlos schien. Trost und Trauer, Traum und Tanz gaben sich die Hand beim mystisch angehauchten Stelldichein dieser Weltmusik.

Ans Tanzen war eigentlich nicht zu denken. Allzu gewichtig und intensiv agierte diese seit 2011 bestehende Formation. Dass dennoch manch einer aus dem Publikum das volkstümliche Tanzbein schwang, war der überbordenden Spielfreude der Musiker zu verdanken. Ein Funke, der jeden Zuhörer erfasste. Neu ab 18 Uhr in Ihrem e-Paper: Augsburger Allgemeine Kompakt – die Multimedia-Ausgabe. Hier informieren! … Kreativ und spannend – weiter lesen auf Augsburger-Allgemeine:

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Leo Fellinger Als musikalischer Höhepunkt und Abschluss des Festivals ECHT – der Konzertreihe für zeitgenössische Volksmusik im Emailwerk Seekirchen – war ALMA geladen. Ein fünfköpfiges Ensemble, bestehend aus Julia und Marlene Lacherstorfer aus Oberösterreich, der Südtirolerin Evelyn Mair und der Niederösterreicherin Marie-Theres Stickler sowie dem gebürtigen Pinzgauer Matteo Haitzmann. Diese fünf – vorweggenommen: großartigen MusikerInnen – bilden inzwischen so etwas wie den Nabel der zeitgenössischen (österreichischen?) Volksmusik. Will man das richtig einordnen, ist es wichtig zu wissen, was ein Nabel eigentlich ist. Der Nabel ist die Geburtsnarbe, die nach der Abtrennung der Nabelschnur auf dem Bauch sichtbar bestehen bleibt, nachdem er für lange Zeit das Tor bildete, durch das die Basis für Leben und Wachstum mit dem Blutkreislauf der Mutter ausgetauscht wurde. Irgendwann wird diese Verbindung gekappt und das neue Lebewesen einwickelt – obwohl es alle Nährstoffe und Gene der Mutter in sich trägt – ein eigenes Leben. Zurück bleibt eine stolze Narbe. Als Zeichen der Herkunft, aber auch der Abnabelung, des Weges in die Eigenständigkeit, in eine eigene neue Welt. In der Musik kennt man diesen Vorgang auch. Und es gibt den inspirierenden Mutterkuchen traditionelle Volksmusik mit all seiner Faszination. Ein Ensemble wie ALMA ist damit gewachsen. Und hat sich abgenabelt. Das schaffen nur wenige so souverän. Der Nabel der österreichischen zeitgenössischen Volksmusik heißt daher ALMA. ALMA, eine einzigartige, nicht festmachbare Formel zu einer neuen, berührenden Volksmusik, die Strömungen in Welt und Gesellschaft in sich aufnimmt und verarbeitet, damit neue Traditionen gebiert und wahrscheinlich irgendwann über eine neue Nabelschnur ein neues Lebewesen mit musikalischer und geistiger Nahrung versorgen wird. Doch zurück zur Gegenwart und zum Konzert im Emailwerk. TRANSALPIN, so das Konzert- und Album-Thema wurde gespielt. Es handelt von fremden Ländern, spielt mit den Eigenheiten von Dänemark, Marokko, Südtirol und Zillertal, spürt Sehnsüchten und Träumen nach, lässt Seelen wandern und reist manchmal auch in die Kindheit zurück. Auf die Bühne kamen fast nur Eigenkompositionen, die meisten von Julia Lacherstorfer. Wenn man ein wenig hinter die Kulissen schielt, erfährt man aber, dass alle Kompositionen so etwas wie eine künstlerische Basis darstellen, an der sich die Talente aller anderen MusikerInnen reiben dürfen. Erst wenn jeder und jede das Maximum an handwerklichen Fähigkeiten eingebracht hat, schafft es ein Lied auf CD oder Bühne. Ein Prinzip, das sich lohnt, denn damit ist nicht nur garantiert, dass musikalisch das Beste präsentiert wird, sondern schweißt die MusikerInnen auf magische Weise zusammen. Man hört und sieht förmlich im konzertanten Modus, wie diese sympathischen KünstlerInnen freundschaftlich kommunizieren. Eine Wohltat auch für das Publikum. Dabei spürt man auch das Bestreben, die Hörer in die reizvolle ALMA-Welt eintauchen zu lassen und sie mit zauberhaften Stimmungen zu konfrontieren. Es entsteht ein dicht gewebtes kammermusikalisches Ensemblespiel mit glasklarer Artikulation und absoluter Übereinstimmung in den dynamischen Abstufungen. Dieser selbstverständlich wirkenden Präzision steht ein musikalisches Temperament gegenüber, das so zauberhaft mitreißend wirkt, dass man alles um sich herum vergisst. Ein Höhepunkt, den es für die Veranstalter und vor allem für den Kurator Alexander Maurer von ECHT erst zu toppen gilt. Wenn‘s gar nicht anders geht, wird es halt das neue Programm von ALMA… (lf)
Nicht nur ihr mitreißend virtuoses Können sondern auch ihr intuitives Verständnis füreinander war ein Teil des gelungenen Gesamtkunstwerks. Stets einander zugewandt, einander zulächelnd und miteinander kommunizierend vermitteln die fünf Spielfreude, Leidenschaft. Liebe zur Heimat, tiefgründig geerdet aber aus den engen Traditionen befreit und zeitgemäß aufgefrischt. Das Publikum war mehr als begeistert.   
Manchmal ist so ein Berg auch einfach nur ein Arsch. Und davon handelt dieses Stück, «Ransom» – davon nämlich, auf einen Gipfel zuzumarschieren, der sich immer weiter zu entfernen scheint, und von der Erlösung, die den schlecht trainierten Wanderer oben auf dem renitenten Gipfel schließlich ereilt. Die Musik, eben noch steil synkopiert, kreist jetzt selig, wenn auch etwas angedümpelt von der Anstrengung, über einem Ringelmotiv der Geige, und bald hebt auch der Gesang an, ein verwehter, hoch im Himmel hängender Jodel. Ja, es sind Stadtkinder, die hier auf der Bühne des Theaters Uri in Altdorf stehen. Alma sind aus Wien gekommen, und das mag die eine oder andere Schwäche erklären, die sie am Berg zeigen und die sie in ihrer Streichmusik mit ironischer Note in Szene setzen. Die Volksmusik ist ja nicht mehr das Hoheitsgebiet verkarsteter Älplernaturen, falls sie das überhaupt je war, sondern ein Genre wie jedes andere. Man kann es an den Musikhochschulen studieren und es auf jede erdenkliche Art auf den Markt der Postmoderne werfen, gern auch als retro-authentisches Archaik­zitat. Man hat das auch an der neunten Auflage der Alpentöne wieder gehört, dem Festival für Neue Volksmusik in Altdorf, das am Sonntag zu Ende gegangen ist. Den Gesang des Kuhhorns und den lüpfigen Versuch auf dem Dancefloor. Fast wie eine US-Girlband Aber nicht bei Alma. Zwar sind die fünf Wienerinnen und Wiener eine typische Volksmusikgruppe von heute. Sie sind à fond ausgebildet und haben ein technisches Niveau, das alles andere als volksnah ist. Sie alle spielen in mehreren, untereinander bestens vernetzten Gruppen, von ganz traditioneller Musik bis Indierock; und auf manchen ihrer Fotos sehen sie ja auch aus wie eine Girlband aus Los Angeles oder so. Doch wenn sie dann auf der Bühne stehen, zu dritt an den Geigen, dazu Stehbass und Handharmonika, dann hört man zwar auch Anklänge an die orientalische, an die skandinavische oder irische Folklore, man hört hart gerupfte Bassnoten oder perkussiv geschichtete Geigenklänge, die an die Minimal Music etwa bei Philip Glass erinnern. Doch führt das alles zu keinen Brüchen in der Musik, die Anmutung bleibt alpenländisch. «Wir schätzen die alten Spieltraditionen», sagt Julia Lacherstorfer am Tag nach dem Konzert, als der Bandbus schon wieder bereit steht für die Rückfahrt durch den Arlberg. Die Geigerin stammt aus einer Volksmusikfamilie in Bad Hall in Oberösterreich, und sie sagt: «Aus Forschersicht mag es ja richtig sein, nach ihren Regeln zu spielen. Aber wenn man eine Künstlerin ist, dann gibt es diese Grenzen ganz einfach nicht.» Das heisst aber nicht, dass Alma die Regeln brechen, damit sie gebrochen sind. «Am Anfang der Neuen Volksmusik war es wichtig, dass man die Sachen vermischt hat, halt auch mal mit Gewalt», sagt Bassistin Marlene, die ältere der ­Lacherstorfer-Schwestern. «Doch in ­unserer Generation gibt es diesen Widerstand nicht mehr.» Als die Musikerinnen von Alma ihre ersten Instrumente lernten, hatten Pioniere wie Attwenger oder Hubert von Goisern den jahrzehntealten Beton der einzigen und wahren Überlieferung auch in Österreich bereits eingerissen. Auch in der Schweiz wurde in den Neunzigern die Volks- als exotische Weltmusik neu entdeckt. Das Ergebnis war und klang nach Avantgarde. Die Alphörner konnten jetzt auch Jazz, das Schlagzeug spielte zum Kuhreihen, und an die Wägsten der Laboristen vergab die Pro Helvetia ihre Kompositionsaufträge. So wurde die Volksmusik nobilitiert; doch blieb so gut wie immer hörbar, wie sehr die Szene dabei mit jeder Synkope und jedem Stromgitarrenriff einen Ablass leistete, der sie von den rechtsnationalen Hudigäggelern abgrenzte. Als die Kulturzeitschrift «Du» im Juli 1993 den neuen «Sound des Alpenraums» ausrief, porträtierte sie nicht nur die Köpfe der Szene, die heute als Pioniere gelten. Sie arbeitete sich auch ausführlich am Begriff der Volksmusik ab und fragte, ob Jodeln wirklich peinlich sei. Das Heft ist das Dokument eines Kulturkampfs. Mehr als zwanzig Jahre später ist schwer zu sagen, wer ihn gewonnen hat. Noch immer spielt die Neue Volksmusik in einer Nische, und sie hat dabei ihre eigenen, bequemen Routinen entwickelt. Auch in Altdorf. «Kontaminierte» Musik Doch auch darin zeigt sich ja, dass sich die Volksmusik befreit hat. Die Routinen gehören, gerade was die Experimente betrifft, längst zu diesem Festival, und rechtfertigen muss sich längst niemand mehr, für nichts. Markus Flückiger, der wohl beste Schwyzerörgeler im Land, komponiert jetzt für ein Blasorchester? Bitte sehr. Thomas Aeschbacher besetzt sein Langnauerli einmal in einer Rock-, dann in einer Danceband? Aber ja doch. Zu den gregorianischen Gesängen der Wiener Choralschola dreht eine Drehleier? Warum nicht. Volksmusik darf jetzt alles, und wo die Freiheit ihre Tendenz beweist, sich als schal zu erweisen, da zieht das Publikum halt weiter. «Nirgends ist die Musik so frei wie in der Neuen Volksmusik», sagt Johannes Rühl, der seit vier Ausgaben das Programm der Alpentöne macht. Dies, weil es anders als im Jazz oder in der Klassik kein «Betriebssystem» gebe, also keine Ideologie, keinen Kanon und folglich auch keine Regeln. Davon profitieren derzeit vor allem junge Gruppen wie Alma, die ihre Musik wieder näher an die Volksmusik heranführen. Jetzt, da niemand mehr ideologische Widerstände hegt, ist der Umgang mit der Tradition ganz ungeniert. Die drei Tage in Altdorf brachten so nicht nur den Auftritt von Alma, sondern auch das Konzert der befreundeten Federspiel, einer kleinen, grossartigen Blasmusik, ebenfalls aus Wien. Auch sie spielten eine komplexe, aber auch unfassbar freihändige Musik, als komme sie direkt vom Stammtisch, wie in Wien die zahlreichen neuen, über Facebook organisierten Anlässe heissen, die man bei uns Stubete nennt. Dies sei typisch für die junge Generation, sagt Johannes Rühl: «Anders als die Pioniere, die ihren persönlichen Stil kreierten, spielen sie in Gruppen und quer über sie hinweg, schon fast wie im irischen Folk.» Der Kulturkampf ist also befriedet und die Volksmusik wieder bei sich angekommen. «Die Generationen vor uns haben uns den Weg geebnet», sagt Julia Lacherstorfer von Alma, «und wir können uns jetzt mühelos darauf bewegen.» Diese Mühelosigkeit war in Altdorf gut zu hören – bei Alma wie bei Federspiel, aber auch bei den Geschwistern Küng, die einen Naturjodel des Volksmusikrebellen Noldi Alder schwerelos in die Appenzeller Streichmusiktradition heimholten. Oder bei Ds Giiger Bertholds Seefi’s Strichquartett, einer jungen Gruppe mit Madlaina Janett aus dem gleichnamigen Clan hinter den Fränzlis da Tschlin: Auch sie spielt die Tradition wie ein altes Instrument, das jemand neu und offen gestimmt hat. Und so wird hörbar, wie nomadisch oder, wie die Italiener sagen, «kontaminiert» jede Volksmusik ist, sperrt man sie nur nicht in ein Regelwerk. Alma spielen nebst ihren eigenen Kompositionen auch Stücke, die aus den Wiener Salons des 19. Jahrhunderts in die Berge gewandert sind – und jetzt wieder zurück. Sie singen «Mai Maadeele, mai Tschuurale», ein ergreifendes Lied der Korrnr, einer Minderheit jenischer Händler in Österreich. Und sie spielen «Bazzarah» voller orientalischer Arabesken. Doch es ist, wie in der Ansage erklärt wird, ein fieberkrankes Kamel, das sich in diesem Stück das Klischee einer heimeligen Wüstenmusik erträumt. Vielleicht, um dazu den Gipfel einer Düne zu besteigen. Doch bevor es ihn erreicht, wird die Düne schon weitergezogen sein.

Frau Lacherstorfer, ist Volksmusik zu Unrecht verpönt?

Ja – aber es ist auch verständlich. Es gab lange Zeit nicht viele Interpretationen, die sie einem auf tiefgehende Art hätten näherbringen können. Nach den Nazis hatten viele eine Abscheu, und dann standen Unterhaltung und Kommerzialisierung im Vordergrund.


Was hat Sie daran fasziniert?

Das war die erste Musik, mit der ich in Berührung gekommen bin. Das häusliche Musizieren hat mich einfach immer glücklich gemacht, das sind meine musikalischen Wurzeln. Als Kind setzt man sich ja nicht kritisch mit Dingen auseinander, das kam erst beim Musikstudium, auch weil die Leute immer wieder dieselben Fragen dazu stellen.


Sie haben klassische Violine studiert – mussten Sie danach zur Volksmusik erst wieder zurückfinden?

Nein, denn das hat für mich nie aufgehört, ich habe immer am liebsten Volksmusik ­gespielt. Ich mag dieses ungezwungene ­Musizieren ohne Noten, und ich hatte vor der Uni nie über mein Geigenspiel nachgedacht. Wir haben als Kinder auch nie Wettbewerbe gespielt, unsere Eltern wollten, dass die ­Musik uns Spaß macht. Das klassische Studium war insofern schwierig für mich, als ich es nicht gewohnt war, so stark bewertet zu werden, ein bestimmtes Niveau erreichen und einem gewissen Bild entsprechen zu müssen. Darum habe ich dann noch Jazz studiert, bei dem es mehr um den eigenen Ausdruck geht, die eigene innere Stimme.


War es in Wien schwer, musikalisch Gleichgesinnte zu finden?

Im Gegenteil, als ich mit 18 dorthin kam, ­habe ich viele in meinem Alter getroffen, die auch so eine Tradition erlebt haben. Da hat sich sehr schnell eine relativ große und lustige Szene ergeben mit Volksmusikstamm­tischen, Bands, Konzertmöglichkeiten.


Wie sind Sie auf den Bandnamen gekommen?

Alma war immer mein Lieblingsmädchenname. Es kann aber noch dauern, bis ich ein Kind habe, und nachher wird es vielleicht kein Mädchen. Für die Band hat die Verbindung des spanischen Wortes für Seele mit Alm einfach super gepasst.


Wie weit darf man einen munteren „Zillertaler Walzer“ neu interpretieren – und wie passt dazu ein orientalisches „Bazarrah“?

Wir wollen Volksmusik nicht brechen, wir spielen nur, was uns wirklich gefällt. Wenn wir andere Klang- und Gefühlswelten vermitteln wollen, gibt es andere Wege. Unsere gemeinsame Wurzel ist die alpenländische Volksmusik, aber wir fünf machen die ­verschiedensten Sachen. In unseren Eigenkompositionen setzen wir uns keine Grenzen.


In „Bächlein helle“ klingt die gezupfte Violine fast wie ein Banjo.

Da versuchen wir, den glucksenden Bach nachzuempfinden. Wir lassen uns von Volksmusik aus aller Welt inspirieren. Wir waren schon in Peru, die Musik dort hat uns sehr beeindruckt. Aber wir integrieren nicht wild durcheinander, sondern versuchen, schöne Aspekte ­natürlich einfließen zu lassen.


Auch das Jodeln?

Das kommt automatisch, es ist in vielen Volksliedern einfach drin. Bewusst auseinandergesetzt habe ich mich damit auch erst in Wien, als eine Jodelgruppe eine Leitung gesucht hat. Ich habe die übernommen und viel dabei gelernt. Das boomt unglaublich.


Was ist „Im Regents Park um 12 Uhr“ passiert? Der Musik nach etwas Dramatisches.

Das ist ein Sinnbild, die Melodie fächert sich auf wie eine Gesellschaft. Wir erleben ja ­gerade mit den Flüchtlingen, wie Leute anderen Angst machen wollen, wenn dann nachgeplappert wird, die würden uns alles wegnehmen und dergleichen. Das Stück ist ein Gegenentwurf zu solchem Blödsinn. Alma spielen an diesem Freitag um 20 Uhr im Scala in Ludwigsburg.


Zur Person: Julia Lacherstorfer 1985 wird sie im oberösterreichischen Bad Hall in eine musikalische Familie hineingeboren. 2003 geht sie nach Wien und studiert Musikpädagogik, danach in Linz improvisierte Musik. Mit ihrer Schwester Marlene gründet sie das Quintett Alma, dessen Debütalbum 2013 erscheint.

Erl – Volksmusik ist jene Musik, bei der man im Bedarfsfall Tische und Bänke etwas zur Seite rückt, Platz für einen Tanzboden schafft und den durchs Tanzen aufkeimenden Durst mit einem frisch gezapften Bier löscht. Dass Volksmusik auch bei Tanz-Entbehrung in dem von Wagner’schem Odem durchwehten mondänen Konzerthaus in Erl ordentlich etwas hergibt, bewies das Ensemble ALMA in der Besetzung Julia Lacherstorfer, Evelyn Mair, Matteo Haitzmann (jeweils Violine und Gesang), Marie-Theres Stickler (Harmonika, Gesang) und Marlene Lachers-torfer (Kontrabass, Gesang). ALMA, absolut kein Käse aus dem Ländle, dafür garantiert vom besten Eck der österreichischen Volksmusikszene, darf man getrost beim Synonym „Seele“ verorten. ALMA vereinen gewachsene musikalische Vergangenheit, gelebte Gegenwart und hoffnungsvolle Zukunft. ALMA verschmelzen Bedächtigkeit und Enthusiasmus, Regionalität und Grenzenlosigkeit absolut souverän. Mit Leichtigkeit verknüpfen sie über die Schiene der Improvisation Ländler, Polka, Jodler, Walzer, die Musikkultur des Nordens, Bourrée, Musette und Csárdás. Wenn sie in ihren Eigenkompositionen hymnisch Forelle, Apfelmus, die Liebe und den Wein besingen, verweisen sie auf ein kreatives Potenzial, das man, wenn man so will, in der Schublade Kunstlied ablegen müsste. Doch zum Ablegen ist diese Musik nun absolut nicht geeignet. Die will gespielt und gelebt werden. Wie herrlich arrangiert war auch Max Regers „Der Mond ist aufgegangen“ zu erleben. Der Blick auf Bart Howards „Fly me to the moon“ zeigte vielleicht die Grenzen von ALMA auf, Jazzstimmen sind sie (noch) nicht. Über den ganzen Abend die aufflackernde Tanzlust verkniffen und wohl manierlich auf das innere Takt-Mitklopfen reduziert, war man von ALMA angetan, die traditionellen Volksmusikliebhaber, die an Weltmusik orientierten Hörerschichten und die Freunde klassischer Musik. Was will man mehr? Tanzen, eventuell doch! (hau)

„Alma“, das sind fünf junge Musiker aus Wien mit einer Botschaft: Sie wollen ihr österreichisches Liedgut salonfähig machen. Das tun sie so charmant, beherzt wie feinsinnig seit 2011 und nun im Rahmen der Schlossfestspiele. „Transalpin“ heißt das neue Programm der Gruppe „Alma“, und die fünf kamen von Wien ins Ludwigsburger Scala mit drei Violinen, Kontrabass, diatonischer Harmonika und Gesang, um, ausgehend von ihren musikalischen Wurzeln, nicht nur geografisch Grenzen zu überwinden. So abwechslungsreich wie spannend.

Traditionelles und Umarrangiertes steht hier neben eigenen Kompositionen, allen voran die von Violinistin Julia Lacherstorfer. Da erhebt sich grauenerweckend und bedrohlich ein düsteres Stück mit flirrenden Geigen und tiefem Bass-Schrummern, das nicht von ungefähr schon als Filmmusik für einen Horrorstreifen fungierte, gefolgt allerdings von einem heiteren instrumentalen Jodler, der direkt übergeht in einen Walzer. Andächtig und im reinen Dialekt lässt Evelyn Mair das Schlaflied „Mai Maadele, mai Tschuurale“ erklingen, erhebt es, ganz Innigkeit und mit der dezenten Begleitung ihrer vier Kollegen, zum Kunstlied. Mair erklärt dem Schwäbisch bis Hochdeutsch sprechenden Publikum vorher hilfreicher Weise, worum es geht: Eine Großmutter singt ihre Enkelin in den Schlaf, warnt sie vor dem Leben und der Liebe, die beide nicht immer so laufen, wie man sich das vielleicht mit acht Jahren ausmalt.

Matteo Haitzmann, ebenso Violine und einziger Mann in dem Wiener Quintett, schildert den Plot eines andern Stückes namens „Bazzarah“: Ein junges Kamel im Fiebertraum denkt, es spaziere mit seiner Familie, als es in der Ferne eine Staubwolke entdeckt. Diese rast auf die Familie zu, entpuppt sich als K.I.T.T., das schwarze sprechende Auto aus der Serie „Knight Rider“, macht knapp vor der Kamelhorde eine scharfe Kurve und braust wieder davon. Arabische Klänge sind hier mehr angedeutet als voll ausgekostet, doch es zeigt sich, egal, welche fremden Traditionen die fünf mit ihrem alpenländischen Liedgut verbinden – ob Tango, Irish Folk oder auch Country -, die ungeheure Freude, mit der das Quintett, obschon studierte Musiker und Virtuosen an ihren Instrumenten wie am Mikrofon, sich in den Dienst der Sache stellen. Stimmungen hervorzaubern, ganze Geschichten musikalisch ausmalen und damit fern jeglicher Arroganz ihr Publikum bestens unterhalten. Da capo!

REZENSIONEN

„Alma sind lässig, ohne nachlässig zu sein. Cool, ohne kühl zu sein. Sie sind gescheit, aber nicht“Alma sind lässig, ohne nachlässig zu sein. Cool, ohne kühl zu sein. Sie sind gescheit, aber nicht intellektuell, gefühlvoll, aber nicht sentimental, virtuos auf jeden Fall, aber das müssen sieintellektuell, gefühlvoll, aber nicht sentimental, virtuos auf jeden Fall, aber das müssen sie nicht zeigen. Wenn sie es tun, dann mit einem Augenzwinkern. In ihrer Musik vereinen sichnicht zeigen. Wenn sie es tun, dann mit einem Augenzwinkern. In ihrer Musik vereinen sich Tradition, Improvisation und Innovation zu einem äußerst lebendigen Neuen.“

Auf der Alm(a) Alma: what does it mean? The soul. It may also make you think of ‚Alm‘, theAuf der Alm(a) Alma: what does it mean? The soul. It may also make you think of ‚Alm‘, the German word for an alpine pasture or hut. And, of course, of Alma Mahler, and the world ofGerman word for an alpine pasture or hut. And, of course, of Alma Mahler, and the world of yesterday.yesterday.So writes René Freund in his introduction to Nativa, the first album by Alma, a brilliant, originalSo writes René Freund in his introduction to Nativa, the first album by Alma, a brilliant, original Austrian Volksmusik band. Folk is not my ken, as regular readers well know. Though in writingAustrian Volksmusik band. Folk is not my ken, as regular readers well know. Though in writing about Schubert, Brahms, Mahler, and many in between, I have become increasingly familiar withabout Schubert, Brahms, Mahler, and many in between, I have become increasingly familiar with the folk traditions on which my chosen composers drew. Yet they are not traditions that just feedthe folk traditions on which my chosen composers drew. Yet they are not traditions that just feed the Classical world, but they continue to thrive, evolve and, ultimately, seize back the music,the Classical world, but they continue to thrive, evolve and, ultimately, seize back the music, sometimes with Classical tropes.sometimes with Classical tropes.Certainly Alma – made up of Julia Lacherstorfer, Evelyn Mair, Matteo Haitzmann, Marie-TheresCertainly Alma – made up of Julia Lacherstorfer, Evelyn Mair, Matteo Haitzmann, Marie-Theres Stickler and Marlene Lacherstorfer – draw on a variety of sources. Their album, which hasStickler and Marlene Lacherstorfer – draw on a variety of sources. Their album, which has recently won the German Record Critics‘ Prize, flaunts an extraordinary range, from snatches ofrecently won the German Record Critics‘ Prize, flaunts an extraordinary range, from snatches of Reger’s Abendlied to Bart Howard’s ‚Fly Me to the Moon‘. Such tracks appear alongside yodelsReger’s Abendlied to Bart Howard’s ‚Fly Me to the Moon‘. Such tracks appear alongside yodels written on napkins in pubs in Upper Austria, Bourbon bourrées and Paris in Spring, all deliveredwritten on napkins in pubs in Upper Austria, Bourbon bourrées and Paris in Spring, all delivered with typical Viennese flair.

Ländliche Lebenslust Mit einer beinahe orientalisch anmutenden Arabeske, welche in einen melancholischen Walzer übergeht, hebt dieses ungewöhnliche Album an. Was folgt sindmelancholischen Walzer übergeht, hebt dieses ungewöhnliche Album an. Was folgt sind Expeditionen ins Reich der Volksmusiken über die Grenzen Österreichs hinaus und in die BezirkeExpeditionen ins Reich der Volksmusiken über die Grenzen Österreichs hinaus und in die Bezirke der Donaumonarchie hinein. Und dies mit großteils untypischen Instrumenten: drei Violinen, einder Donaumonarchie hinein. Und dies mit großteils untypischen Instrumenten: drei Violinen, ein Kontrabass und ein Akkordeon. Eine Musik jedenfalls die aufhorchen und -tanzen lässt undKontrabass und ein Akkordeon. Eine Musik jedenfalls die aufhorchen und -tanzen lässt und vielleicht (in den Jazz transformiert) an die Kreativität Rabih Abou-Khalils erinnert, oder, und sovielleicht (in den Jazz transformiert) an die Kreativität Rabih Abou-Khalils erinnert, oder, und so abwegig ist der Gedanke nicht, an die Experimente des Kronos-Quartetts.

Die jugendliche und unbekümmerte Spiellust des Ensembles spiegelt sich potenziert in der Lebendigkeit der Aufnahme, dessen technische Qualität mit Dynamik und NuancenreichtumLebendigkeit der Aufnahme, dessen technische Qualität mit Dynamik und Nuancenreichtum glänzt. Die Musikerinnen sind durchwegs vom volkstümlichen familiären Umfeld geprägt undglänzt. Die Musikerinnen sind durchwegs vom volkstümlichen familiären Umfeld geprägt und klassisch ausgebildet (was man genussvoll zur Kenntnis nimmt).

Das Booklett bietet einen einfühlsamen Essay von René Freund und launige Kommentare der Komponistin und Violinistin Julia Lacherstorfer. Und: Es geht einem wie René Freund – es bringtKomponistin und Violinistin Julia Lacherstorfer. Und: Es geht einem wie René Freund – es bringt die Volksmusik ein Stückchen näher!

Alma „Nativa“ Ende Mai hat Alma die neue CD im Theater am Spittelberg vorgestellt. Abschießende Anfangsbemerkung: Die CD ist wirklich gut und unbedingt empfehlenswert! Alma ist eine ungewöhnliche Mischung 5 junger Musiker bzw. Musikanten (eigentlich sind 4 davon Innen), daher lassen Sie mich mit „Ihm“ anfangen:

Matteo Haitzmann, Violine & Gesang
Julia Lacherstorfer Violine, Gesang, Moderation
Marlene Lacherstorfer, Kontrabass, Gesang
Evelyn Mair, Violine, Gesang
Marie-Theres Stickler, Harmonika, Gesang

Sie alle beherrschen ihr musikalisches Handwerk, stehen in der Tradition und lieben es damit zu spielen. Dass diese Formation zudem außergewöhnlich sympathisch, kreativ und dabei frei von Allüren ist, zeichnet sie besonders aus – man muss sie einfach mögen. Die CD umfasst 19 Tracks mit einem gut zusammengestellten Mix aus traditionellen Volksmusikstücken, Jodlern, und eigenen Kompositionen, letztere vorwiegend von Julia Lacherstorfer. Eine kleine Bemerkung zu Track 11: Der Mond ist aufgegangen (T: Matthias Claudius, M: J. A. Peter Schulz, Satz: Max Reger, Arrangement: J. Lacherstorfer). Hier wirkt auch der „Coro siamo“ mit. In dem umfangreichen und schönen Booklet ist zu lesen: Es wird für kurze Zeit ernst, wenn große Ton und Dichtkunst erklingt. Dieses Claudius- Gedicht ist wirklich schön und sehr kunstvoll in seinen (nicht zufällig) 7 Strophen konstruiert – deren drei letzte Gebet sind. Es ist leider in vielen Liederbüchern üblich das Werk auf 4 Strophen zu kürzen (1,2,3,7). Aber hier werden auch noch Strophen vertauscht (1,3,4,2). Wahrscheinlich weil man nicht mit dem „kranken Nachbarn“ schließen möchte. So bleibt dem Lied aber nur die Romantik – der angekündigte Ernst wird genommen. Und mit großer Dichtkunst sollte man respektvoll umgehen. Ein besonders witziges Stück, eine Komposition von Julia Lacherstorfer, ist Track 17, die „Apfelmusette“ – der Weg eines Apfels zu Apfelmus und von der Musette zum Landler bzw. Schleunigen. Dieser Weg ist für Alma generell nicht weit. Sie stehen, wie erwähnt, mit zumindest einem Fuß, fest in der Österreichischen Volksmusiktradition. Mit dem Rest vollziehen sie musikalisch die berühmte Empfehlung des hl. Augustinus: „Liebe – und dann tu was Du willst!“ Ihnen dabei zuzuhören bereitet großes Vergnügen.

In der Gruppe Alma verwirklichen vier junge Damenund ein Herr ihre Vorstellungen, wie die österreichische Volksmusik-Tradition an die Jetztzeit und die Menschen, die in ihrleben, anzupassen wäre. Mit Violinen, Bass, Akkordeon und (meist Jodel-)Gesang sowie mit großer Leichtigkeit, Leidenschaft und Fantasie lassen sie aus den Wurzeln vielfältige Triebe und Blüten wachsen: Kreativität istTrumpf.“

Dass man nicht immer zwangläufig mit allen musikalischen Traditionen brechen muss, um wirklich Spannendes und Interessantes entstehen zu lassen, das zeigt die junge Formation ALMA auf ihrem eben erschienenen Debüt „Nativa“ (col legno). Es ist die Volkmusik, welcher sich die um die Geigerin und Komponistin Julia Lacherstorfer scharrende Truppe annimmt. Vielmehr als es sich hier jedoch um eine gezwungene Neuerfindung dieser handelt, ist der Umgang des Quintetts mit den volkmusikalischen Klängen ein eher unaufgeregter, respektvoller und sehr leidenschaftlicher. Die Stücke von ALMA sind solcherart, die die Seele baumeln lassen, wie auch den Kopf ansprechen, ohne dabei aber gekünstelt überintellektuell zu wirken. 2011 gegründet hat sich das junge Quintett musikalisch vor allem eines zum Ziel gesetzt. Und zwar die traditionelle Volkmusik einer Art Erneuerung zu unterziehen. Dies aber nicht, wie es oft der Fall ist, über einen kompletten Bruch mit allem, was diese Musikform ausmacht, sondern vielmehr behutsam und in respektvoller Verbeugung vor ihr. Julia Lacherstorfer (Geige, Gesang, Komposition), Evelyn Mair (Geige, Gesang), Marie-Theres Stickler (Diatonische Harmonika, Gesang), Matteo Haitzmann (Geige, Komposition) und Marlene Lacherstorfer (Kontrabass, Gesang) sind mit der Volksmusik aufgewachsen und haben sie zu schätzen und lieben gelernt. An den Universitäten in den verschiedensten Musikstilen ausgebildet, eint sie heute der gemeinsame Wunsch, diese, ihre Musik der Kindheit und Jugend, mit neuem Leben zu erfüllen, sie in die Jetztzeit zu transferieren, ohne dabei aber irgendetwas von ihrer Originalität, ihrem Charakter und Charme verloren gehen zu lassen. Was auch in hohem Maße gelingt, hört man sich durch die Stücke ihres Debüts „Nativa“. Allen dem Genre vermeintliche anhaftenden Klischees im weiten Bogen aus dem Wege gehend, verwirklichen die fünf aus Salzburg, Südtirol, Ober- und Niederösterreich stammenden MusikerInnen ihre ganz eigene Vision dessen, wie die Volkmusik ihrer Meinung nach dieser Tage erklingen sollte und kann. Sie zeigen sich zu allen Seiten hin offen, distanzieren sich von jeder Art reiner Brauchtumspflege und schlagen musikalisch kunstvoll verzierte Brücken, die sich vom Alten und Bekannten hin zum Neuen, sowie von den traditionellen Klängen hin zu anderen Stilen und Spielformen spannen. Als ob es nicht Selbstverständlicheres gäbe, verweben sich so jahrhundertealte Melodien, Jodler, Elemente der klassischen Musik und zeitgenössische popularmusikalische Ansätze zu einem vielschichtigen und abwechslungsreichen Ganzen, zu etwas, das zwischen leidenschaftlicher und humorvoller Beschwingtheit sowie gefühlvoller Melancholie viel Stimmung und Atmosphäre erzeugt. Darüber hinaus lassen sich ALMA auch immer genügend Raum für Improvisationen, was zusätzlich für Abwechslung sorgt. „Nativa“ ist ein schönes Beispiel dafür geworden, wie frei von Zwängen man in einer sonst sehr traditionsverbundenen Musikform agieren kann. ALMA machen Volkmusik, die alles andere als verstaubt, schlicht und einfach modern und zeitgemäß erklingt. Empfehlenswert. (mt) [/accordion]

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